Offener Brief an die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN MV

Offener Brief des Vorstandsvorsitzenden der Stiftung Klima- und Umweltschutz MV an die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

Ihr neuester Antrag im Landtag zur Abberufung des Stiftungsvorstandes ruft doch einiges an Kopfschütteln bei uns hervor.

Bei allem Verständnis dafür, dass Sie immer wieder fast verzweifelt mediale Aufmerksamkeit für Ihr im Grunde wohl einziges politisches Thema suchen, ist jetzt doch der Zeitpunkt gekommen, dass wir Sie dringend bitten müssen, sich mit Ihren Angriffen gegen den Stiftungsvorstand zu mäßigen.
Jedenfalls so weit, dass Sie nicht die Tatsachen verdrehen, die Rechtslage missachten und die Grenze zur persönlichen Ehrverletzung überschreiten.

Ihre Partei hat die Stiftung von Anfang an massiv angegriffen. Sie haben die US-Sanktionen gegen Nord Stream 2 begleitet und aggressiv unterstützt, lange bevor Russland in die Ukraine einmarschiert ist.

Dass diese US-Sanktionen in der Rechtsordnung der souveränen Bundesrepublik Deutschland keine Wirkung haben konnten, dass der Bau der Pipeline mit allen rechtsstaatlichen Genehmigungen versehen war, das war Ihnen einfach egal. Und dass die faktische Wirkung dieser Sanktionen in Bedrohung und Einschüchterung auch deutscher Unternehmen bestand, darüber haben Sie gern hinweg gesehen.

Und zwar, weil Sie fest überzeugt waren und das auch immer wieder offensiv vertreten haben:
wir brauchen das russische Gas nicht.
Aber warum muss dann Ihr Bundesminister fragwürdige Geschäfte eingehen? Warum muss er klimaschädliche Maßnahmen umsetzen: Fracking-Gas, mehr Kohle, Atom verlängern? Warum müssen 200 Milliarden € eingesetzt werden, damit die Menschen und Unternehmen in Deutschland über den Winter kommen?

Inzwischen greifen Sie die Stiftung, die übrigens jede Zusammenarbeit mit Nord Stream 2 eingestellt und jeden Bezug dazu aus der Satzung getilgt hat, ständig an und fordern deren Ende. Dabei wissen Sie doch, dass das rechtlich nicht möglich ist.

Offenbar glauben Sie, als gewählte Volksvertreter könnten Sie sich über das Recht hinwegsetzen. Deshalb weise ich Sie hiermit auf einen der wichtigsten Grundsätze unseres Staatswesens hin. Eine Bestimmung des Grundgesetzes, die sogenannten Ewigkeitscharakter hat, d.h. niemals geändert oder abgeschafft werden kann, Art. 20 Abs. 3 GG:
„Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.“

Das sollten Sie bedenken bei Ihren ständigen Forderungen an die Landesregierung, darauf hinzuwirken, dass die Stiftung nicht fortbesteht.
Die Regierung kann insoweit nur handeln durch die Stiftungsbehörde, und ist dabei beschränkt auf die rein rechtsaufsichtlichen Mittel der Stiftungsaufsicht. Die Stiftungsaufsicht hat aber die Aufhebung der Stiftung bereits aus Rechtsgründen abgelehnt. Die Justizministerin hat Ihnen die Gründe im Landtag ausführlich erklärt.

Problematisch ist, dass es Ihnen ganz offensichtlich gar nicht um dieses Handeln der Regierung als an Recht und Gesetz gebundene Behörde geht. Sondern um ein rein politisches „Hinwirken“ ohne die geringste rechtliche Legitimation für eine derartige Handlungsweise gegenüber einer Stiftung privaten Rechts.
Das ist unter rechtstaatlichen Gesichtspunkten hoch problematisch, vielleicht sogar eine Aufforderung zum Rechtsbruch?

Gleiches gilt für Ihre ständig wiederholte Forderung an die Ministerpräsidentin, sie solle die Vorstandsmitglieder endlich abberufen. Denn es ist völlig klar, dass eine Abberufung nur aus wichtigem Grund erfolgen kann, also bei einer schwerwiegenden Pflichtverletzung durch die einzelnen Vorstandsmitglieder, wozu gewiss nicht gehört, wenn ein Vorstand sich trotz aller politisch motivierter Anfeindungen hartnäckig an die Rechtsordnung hält.
Und das ist ja wohl Ihr immer wieder erhobener Vorwurf an den Vorstand. Darum geht es Ihnen. Die Stiftung soll weg. Irgendwie. Wen interessiert schon die Rechtslage?

Die jetzt mit Ihrem Antrag vorgeschobenen Umstände sind als „wichtiger Grund“ für die geforderte Abberufung einfach lächerlich, mit unwahren, ehrverletzenden Behauptungen.

Die Schenkungssteuer ist – unter Vorbehalt – gezahlt. Ob der Steuerbescheid zu Recht ergangen ist, möchten wir von den zuständigen Gerichten klären lassen. Welche Rechtsmeinung die „Experten“ Ihrer Fraktion dazu haben, spielt nicht die geringste Rolle.

Die von der Presse an uns gestellten Fragen sind entgegen Ihrer wahrheitswidrigen Behauptung zu etwa 95% beantwortet worden.

Nicht beantwortet haben wir allerdings die Frage nach den Namen der Lieferanten und Dienstleister, die wir als Stiftung beauftragt haben, an der Vollendung der Pipeline mitzuwirken. Diese Unternehmen müssen geschützt werden. Sie haben sich im Vertrauen auf den vom Land MV – Landtag und Landesregierung gemeinsam – erteilten Auftrag darauf eingelassen, einen Beitrag zur Vollendung der mit allen notwendigen Genehmigungen versehene Pipeline Nord Stream 2 zu leisten. Im Landtag gab es zu dieser Auftragserteilung übrigens keine Gegenstimmen.

Diese Unternehmen haben rechtmäßig und politisch ausdrücklich erwünscht gehandelt, sie haben sich nichts zu Schulden kommen lassen und nichts vorzuwerfen. Sie konnten deshalb davon ausgehen, dass sie den Schutz des Landes davor genießen, wegen ihres Einsatzes für die Pipeline an den Pranger gestellt zu werden. Davon kann aber nicht mehr die Rede sein. Landtag und Landesregierung haben sich in einer Weise von ihrem früheren Verhalten losgesagt, dass nicht nur kein Schutz mehr, sondern im Gegenteil Angriffe und Benachteiligungen zu erwarten sind. In dieser derzeitigen Stimmung, die gerade von Ihnen, den Abgeordneten der Grünen, immer wieder befeuert wird, müssen die Unternehmen mit schwerwiegenden Behinderungen und erheblichen wirtschaftlichen Einbußen, bis hin zur Gefahr der Insolvenz, rechnen, wenn ihre Namen bekannt werden.

Das ist der Grund, weshalb wir für diese Frage das Bundesverfassungsgericht angerufen haben. Sie tun gut daran, dessen Entscheidung in Demut abzuwarten.

Soweit Sie behaupten, dem Vorsitzenden drohten zum wiederholten Male 15 Tage Zwangshaft, ist das eine bewusst unwahre, ehrverletzende Behauptung. Aktuell droht gar nichts, wir befinden uns zum einen in der sofortigen Beschwerde und zum anderen begleiten wir die Verfassungsbeschwerde mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Zwangshaft drohte nie. Einfach unwahr.
Vielleicht ist das auch alles einfach zu kompliziert für Sie. Dann versuchen Sie aber bitte nicht, falsche, ehrverletzenden Schlagzeilen zu produzieren.

Was den Zeitpunkt angeht, bis zu dem der Stiftungsaufsicht bestimmte Unterlagen vorzulegen sind, ist eine Verlängerung durch die Stiftungsaufsicht erfolgt.

 

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

in allen drei Punkten hätte es geholfen, sich vorher ein wenig zu informieren. Aber das hätte ja Ihren völlig aus der Luft gegriffenen Vorwürfen die Grundlage entzogen. Das wollten Sie vermeiden.
Die ständigen Aufforderungen zur Abberufung sind nicht nur rechtswidrig, sie haben gegenüber den einzelnen Vorstandsmitgliedern auch ehrverletzenden Charakter. Genauso wie in der Vergangenheit die völlig haltlosen Verdächtigungen zu Geldwäsche bis hin zur Steuerhinterziehung.

Das können wir nicht weiter hinnehmen.

Also, hören Sie auf mit dem aggressiven Schielen auf Schlagzeilen, das sich offenbar aus einem irregeleiteten Oppositionsverständnis erklärt, aber keine tatsächlichen Grundlagen hat. Und im Hinblick auf die Vorstandsmitglieder bedenken Sie bitte die Grenzen, die Ihnen §§ 185 ff StGB setzen.

Mit freundlichen Grüßen

Erwin Sellering
Vorstandsvorsitzender