Eingangsstatement des Vorstandes bei der Landespressekonferenz am 7. März 2023

Vielen Dank für die Gelegenheit, Ihnen gegenüber das eine oder andere geradezurücken, was in der aufgeregten Stimmung, die dieser Krieg ausgelöst hat, gesagt und geschrieben worden ist.

Selbstverständlich war es völlig in Ordnung, und im Interesse des Landes, bei der Vollendung von Nord Stream 2 mitzuhelfen, um verlässlich, zu bezahlbaren Preisen die Brückentechnologie Gas zur Verfügung zu haben. Und wenn wie bei Nord Stream 1 eine Umweltstiftung die Umweltbeeinträchtigungen, die eine solche Pipeline verursacht, an anderer Stelle ausgleichen sollte, lag das ebenfalls im beiderseitigen Interesse. Da gab es keinen Deal, wenn ihr bei Nord Stream 2 helft, gibt es Geld von uns. Sondern Nord Stream 2 hatte ein eigenes, originäres Interesse an Klima- und Umweltschutz vor allem in dem Land, in dem die Pipeline anlandete. Alles, was jetzt nachträglich in der allgemeinen Stimmung an Verschwörungstheorien vorgetragen wird, ist einfach Unsinn.

Der entsprechende Beschluss des Landtages war ohne Gegenstimme. Auch die haben damals zugestimmt, die jetzt nachträglich in einem Untersuchungsausschuss klären wollen, wie es zur Gründung der Stiftung kommen konnte. Rückhaltlose Selbsterforschung sozusagen nach der 180°-Wende infolge des Einmarsches.

Die Stiftung hat nichts „getarnt“ oder „im Geheimen“ gemacht. In der Satzung und den öffentlichen Erklärungen wurde alles offengelegt. Die Sanktionen wurden nicht umgangen, sondern es wurde deutlich gemacht, dass sie in Deutschland keine rechtliche Geltung beanspruchen können.

Das Handeln stand völlig im Einklang mit dem geltenden Recht.
Und was man nicht vergessen darf:
Bei den Menschen im Land gab es breite Zustimmung zum Handeln von Landtag und Landesregierung.

Aber: nach dem Einmarsch Russland in die Ukraine konnte das nicht alles einfach so weitergehen. Es musste aus der Politik ein klares Stoppschild geben gegen diesen Bruch des Völkerrechts. Das ist ja auch geschehen. Die Bundesregierung hat vor allem mit Maßnahmen gegen Nord Stream 2 reagiert.
Und die Stiftung hat sofort alle Arbeiten für Nord Stream 2 eingestellt, die Abwicklung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes in Angriff genommen und dafür gesorgt, dass in der Satzung jeglicher Bezug zur Nord Stream 2 getilgt worden ist.

Damit hätte die Geschichte zu Ende sein können. Die völlig von Nord Stream 2 losgelöste reine Klimastiftung, die inzwischen sehr gute Arbeit leistet, hätte einfach fortbestehen und mit der reinen Klimaschutzarbeit weitermachen können. Sachliche Argumente dagegen gab es nicht.

Landtag und Landesregierung reichte unsere Loslösung von Nord Stream 2 aber nicht. Sie wollte auch die verbleibende reine Klimastiftung aus der Welt schaffen, vor allem wohl, weil sie anhaltende Kritik an ihrem früheren Handeln, vielleicht sogar persönliche Nachteile befürchten.

Aber jetzt begann der Konflikt, der bis heute fortbesteht, und den der Vorstand sehr bedauert. Jetzt zeigte sich, dass die von Landtag und Landesregierung gewählte Rechtsform dem politischen Willen im Wege stand. Hätten Landtag und Landesregierung damals eine Form gewählt, bei der sie die Verantwortung und letztliche Weisungsbefugnis behalten hätten, wäre eine Beendigung kein Problem gewesen. Wir als Vorstand hätten dem politischen Willen folgen müssen, wenn wir z.B. Geschäftsführer einer GmbH gewesen wären und die Regierung als Gesellschafter entschieden hätte, diese GmbH aufzulösen. Für das Fortbestehen einer GmbH gibt es nicht annähernd so strikt bindende Vorschriften wie für eine Stiftung. Bei einer GmbH können die Eigner im Grunde machen, was sie wollen.

Die Stiftung ist aber etwas ganz Besonderes. Sie ist verselbstständigtes Vermögen, das „auf ewig“ dem in der Satzung festgelegten Zweck dient. Sie gehört niemandem. Es gibt keine Anteile oder Stimmen, die einfach eine Beendigung beschließen könnten. Es gibt nur den allein verantwortlichen, nicht an Weisungen von irgendjemandem gebundenen Vorstand, dem das Stiftungsvermögen anvertraut ist, um damit den Stiftungszweck zu erfüllen.

Es ging also nicht darum, dass wir uns in einem politischen Entscheidungsprozess quergestellt hätten. Sondern wir hatten eine rechtliche Funktion übertragen bekommen, die unabhängig vom Willen derjenigen, die uns auf den Weg geschickt hatten, für uns mit rechtlich bindenden Verpflichtungen und einer entsprechenden Verantwortung verbunden waren.

Es ist ganz allgemein für jeden Stifter eine harte Erfahrung, wenn klar wird, dass er nach Gründung der Stiftung und Beschluss der Satzung nichts mehr zu sagen hat. Doppelt hart, wenn der Stifter ein Landtag ist, der glaubt, sein politischer Wille stehe über allem. Oder wenn der Stifter eine Regierung ist, die glaubt, einfach alles anweisen zu können.

Die Wahl der Rechtsform Stiftung war übrigens wohl keine Unachtsamkeit, die unüberlegt gewesen wäre. Sondern es spricht alles dafür, dass die Landesregierung mit Absicht diese Rechtsform gewählt hat, bei der der Stifter mit der Gründung der Stiftung jeden Einfluss, aber vor allem eben auch jede Verantwortung verliert. Wenn es ein Problem gibt, kann der Stifter immer auf den allein verantwortlichen, weisungsunabhängigen Vorstand verweisen.

Die Beendigung einer Stiftung ist im BGB, in den Stiftungsgesetzen und in der Satzung an klare Voraussetzungen gebunden, die so weit wie möglich den zeitlich unbegrenzten Fortbestand der Stiftung garantieren sollen. Außerdem ist der Bestand dieses verselbständigten Vermögens strafrechtlich geschützt durch § 266 StGB. Wer als Vorstand das ihm anvertraute Vermögen rechtswidrig dem Stiftungszweck ganz oder teilweise entzieht, begeht eine Untreue.

Wenn wir den ständigen Aufforderungen an uns, die Stiftung aufzulösen, gefolgt wären, obwohl die rechtlichen Voraussetzungen nicht vorliegen, hätte das für uns also erhebliche strafrechtliche Probleme und mögliche Schadensersatzforderungen bedeuten können. Wir haben diese ständigen Aufforderungen deshalb als Zumutung empfunden, mit denen Landtag und Landesregierung über die berechtigten Interessen der von Ihnen berufenen ehrenamtlichen Vorstandsmitglieder einfach hinweg gegangen sind. Es zählten nur noch die politischen Befürchtungen eigener Nachteile. Ob die von uns verlangte Auflösung zu Strafverfolgung und Schadensersatzansprüchen gegen den Vorstand führen würde, war offensichtlich völlig egal. Das war menschlich eine große Enttäuschung.

Also, ganz klares Zwischenergebnis: Auflösung kann nicht politisch angewiesen werden. Es müssen die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sein. Ob das der Fall ist, ist deshalb in der Auseinandersetzung mit Landtag und Landesregierung die Schlüsselfrage.

Die Regierung kann sich für die angestrebte Auflösung allein auf das Gutachten Weitemeyer berufen, das sie in Auftrag gegeben hatte. Alle anderen Stimmen, die sich zu dieser Frage sachverständig geäußert haben, haben eine Auflösung nicht für rechtskonform möglich gehalten.

Die Auflösung unserer Stiftung wäre rechtlich nur möglich, wenn die Erfüllung des in der Satzung festgelegten Stiftungszwecks, weiter in der Zivilgesellschaft des Landes über Klimaschutz aufzuklären, für’s Mitmachen zu werben und Projekte aus der Zivilgesellschaft zu unterstützen, dauerhaft nicht mehr möglich wäre. Für den Stiftungsvorstand war immer klar, das ist nicht so.

Das Gutachten Weitemeyer vom 3. Mai 2022 geht von der Mutmaßung aus, dass der Stiftung das Geld oder die Projektpartner ausgehen würden. Das ist inzwischen völlig abwegig. Wir verfügen, selbst wenn der Schenkungssteuerbescheid rechtskräftig werden sollte, über viele Millionen Euro und sind damit finanziell besser ausgestattet als viele andere Stiftungen im Land. Und die Zahl unser Projektpartner liegt nach zwei Jahren guter Arbeit trotz aller Angriffe und Behinderungen von Landtag und Landesregierung um die 500er Grenze.

Also: über das Gutachten Weitemeyer ist die Entwicklung eindeutig hinweg gegangen. Das kann keine Grundlage mehr für eine Auflösung sein. Ich bin sehr zuversichtlich, dass sie das inzwischen auch selbst so sehen würde, wenn die Regierung sie um eine Aktualisierung des Gutachtens bitten würde.
Das ist aber eigentlich gar nicht nötig. Das sieht inzwischen jeder, auch jeder stiftungsrechtliche Laie, wenn er sich nur die Frage stellt: hat die Stiftung mit den zur Verfügung stehenden Millionen Euro und etwa 500 Projektpartnern wirklich keine Möglichkeit mehr, in Mecklenburg-Vorpommern Klimaschutz zu machen? Das anzunehmen, ist einfach völlig abwegig.

Bisher ist die Landesregierung leider nicht bereit, sich mit dieser Rechtsfrage ernsthaft auseinander zu setzen. Ein nochmaliges Treffen im Format der Gespräche zur gemeinsamen Erklärung, das auf unsere Anregung Ende Januar stattgefunden hat, verlief insoweit leider ergebnislos.

Der Vorstand bedauert sehr, dass unser gutes Verhältnis zur Landesregierung unter dem Konflikt sehr gelitten hat. Aber es ist eben ein sachlicher Konflikt, der allein mit dem Wunsch nach einem Weiterbestehen der guten Beziehungen nicht zu lösen ist. Es ist die grundsätzliche Frage nach dem Primat von Recht und Politik, die elementar ist für unseren demokratischen Rechtsstaat. Zwar geht nach unserem Grundgesetz alle Staatsgewalt vom Volk aus und wird ausgeübt durch die gewählten Vertreter. Aber sie sind an die verfassungsgemäße Ordnung und an Recht und Gesetz gebunden. Das sehen Landtag und Landesregierung offenbar anders. Und besonders schwierig wird es dadurch, dass die Auseinandersetzung durch den Krieg noch moralisch aufgeladen ist. Aber ganz klar: dieser Konflikt ist kein persönlicher. Persönlich wird er allein durch die Konsequenzen, die der Vorstand hätte tragen müssen, wenn er nachgegeben und die Stiftung aufgelöst hätte.

Wir werden in den nächsten Wochen zurücktreten.
Wie zugesagt, sobald die Testate vorliegen. Für 21 ist das Testat schon da und liegt der Stiftungsaufsicht vor. Hoffentlich bald auch für 22.
Aber wir können nicht gehen, ohne auf die rechtlichen Gefahren hinzuweisen. Das gebietet nicht nur die Fairness gegenüber unseren Nachfolgern.

Die Vorstandsmitglieder haben das Ihnen damals angetragene Ehrenamt der Leitung der Stiftung im Interesse des Landes angenommen und wahrgenommen. Trotz ihres zugesagten Rücktritts liegt Ihnen das Schicksal der inzwischen sehr erfolgreichen reinen Klimastiftung mit ihrem engagierten Team sehr am Herzen. Außerdem liegt den Vorstandsmitgliedern sehr daran, dass dem Ansehen des Landes durch den befürchteten Ablauf nach unserem Rücktritt nicht weiterer Schaden zugefügt wird. Landtag und Landesregierung stehen wegen der Schaffung der Stiftung bereits unter erheblicher Kritik. Eine offensichtlich rechtswidrige Auflösung der Stiftung in der Hoffnung, sich damit reinzuwaschen, würde zu Recht noch erheblich mehr Kritik nach sich ziehen.
Außerdem: darauf zu setzen, dass niemand gegen eine rechtswidrige Auflösung klagebefugt sein könnte, könnte sich als kurzsichtig erweisen, wenn die Staatsanwaltschaft zu dem Ergebnis kommt, wegen Untreue ermitteln zu müssen. Womöglich nicht nur gegen einen Nachfolgevorstand, der rechtswidrig die Stiftung auflösen und auf das Stiftungsvermögen zugreifen würde, sondern womöglich auch wegen Mittäterschaft, Anstiftung, Beihilfe. Da kommt ja ein großer Personenkreis infrage.

Uns wäre sehr daran gelegen, dass die Ministerpräsidentin bei der Berufung des Nachfolgevorstandes deutlich macht, dass die ausgewählten Personen nicht mit dem strikten Auftrag „Auflösung“ berufen werden. Sie sollte bei der Berufung im Namen von Landtag und Landesregierung ausdrücklich erklären, dass dieser Nachfolgevorstand – wie rechtlich vorgeschrieben – sein Amt weisungsunabhängig ausführen und die Entscheidung darüber, ob die Stiftung wegen Mangel an Geld oder an Projektpartnern aufgelöst werden muss, ohne politische Einflussnahme treffen darf.
Und es sollte sich um Persönlichkeiten handeln, die bei einem Fortbestehen der Stiftung willens und in der Lage sind, die bisherige gute Klimaschutzarbeit fortzusetzen. Für diesen Fall wäre sehr wünschenswert, wenn es dann auch eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Landtag und Landesregierung geben könnte, ohne die bisherigen ständigen Angriffe und Benachteiligungen.

Zum Abschluss: es gibt es viel Lärm um eine verbrannte Steuererklärung. Daran werden viele Spekulationen geknüpft. Das geht aber an den wesentlichen Fragen vorbei.

Aus unserer Sicht geht es zwischen Regierung und Stiftung im Wesentlichen um Folgendes:
Meinen Landtag und Landesregierung ernsthaft, dass die politischen Beschlüsse zur Beendigung der Stiftung trotz der offensichtlichen Rechtswidrigkeit eines Auflösungsbeschlusses befolgt werden müssen? Wird ernsthaft das Primat der Politik vor dem Recht behauptet und vertreten? Wird damit die dauernde faktische Bekämpfung und Behinderung der Stiftung gerechtfertigt?

Erwin Sellering
Vorstandsvorsitzender

Werner Kuhn
Stv. Vorstandsvorsitzender

Katja Enderlein
Finanzvorstand