Nicht nur für Taucher sind Seegraswiesen in der Ostsee ein echtes Highlight. Auch im Klimaschutz können sie einen Beitrag leisten. Zum Beispiel dann, wenn sie als Ausgleichsmaßnahme für Offshore-Bauprojekte genutzt werden. Dann sind die Unterwasserpflanzen hervorragende Sauerstoffproduzenten, CO2-Fresser und nicht zuletzt ein Lebensraum für zahlreiche Tiere.
Seegraswiesen in der Ostsee aufzuforsten, ist das Ziel des interdisziplinären Forscher-Teams von Marikom, dem Maritimen Kompetenzzentrum für industrienahe Forschung in der Meerestechnik. Dafür arbeiten der Ingenieur Prof. Dr. Mathias Paschen als Projektleiter, Biologin Daniela Glück und Ingenieur Reinhard Helbig an einer ganz neuen Technologie, die nun in der Ostsee vor Graal-Müritz erprobt wird.
Die Stiftung Klima- und Umweltschutz MV fördert das Projekt mit insgesamt 185.000 Euro.
Das Ziel ist es, Seegras ähnlich wie Rollrasen an geeigneten Stellen auf dem Meeresboden auszubringen und dauerhaft anzusiedeln.
In den zurückliegenden Monaten haben die Forscher in Zusammenarbeit mit dem Sächsischen Textilforschungsinstitut in Chemnitz an Aufwuchsträgern aus sich abbauenden Stoffen gearbeitet. „Dafür haben wir insbesondere mit Hanf, Holzviskose und Seegras experimentiert“, erklärt Projektleiter Mathias Paschen. Mitarbeiter einer geschützten Werkstatt des Michaelshofes in Rostock-Gehlsdorf brachten kleine Seegraspflanzen in die Aufwuchsträger ein, die danach in eigens angefertigten Bassins von Biologin Daniela Glück gehegt und gepflegt wurden.
Einen Meilenstein nahm das Projekt nun, als die jungen Seegraspflanzen in den textilen Aufwuchsträgern am Riff Rosenort vor Graal-Müritz zur Feldforschung am Ostseegrund befestigt wurden. „Wir waren überrascht, als wir die Pflanzen aus den Aufzuchtbassins holten. Nicht nur, dass sie gut Wurzeln entwickelt hatten. Einige zeigten sogar Ansätze von Blüten“, berichtet Daniela Glück.
Nun ging es darum, die Netze mit den Jungpflanzen am Meeresboden zu verankern. Dafür werden U-förmige Erdnägel verwendet. Zwei speziell geschulte Forschungstaucher brachten die Seegras-Matten in zwei Tauchgängen am Ostseegrund aus.
„Jetzt kommt es darauf an, dass die Pflanzen ihre Wurzeln weiter ausbilden, um am Sandboden anzuwachsen“, erklärt Mathias Paschen. Wichtig ist es dafür, dass die zirka vier Meter langen Aufwuchsträger mit den Pflanzen gut am Meeresboden anliegen und nicht durch Strömungen oder Wellengang angehoben werden. Die Versuchsbedingungen am Riff Rosenort sind optimal – es gibt geeignete Sandflächen und in knapp sieben Metern Tiefe bekommt das Seegras noch genug Licht. Treten in den kommenden Wochen keine Stürme auf, die starken Seegang mit sich bringen, können die Anpflanzungen weitgehend ungestört wachsen.
„Wir freuen uns, dass bisher alles so reibungslos läuft“, sagt Biologin Daniela Glück. Alle vier Wochen wird sie nun nach ihren Seegraspflanzen schauen, sie beobachten und vermessen.
Für Professor Mathias Paschen ist besonders wichtig, dass seine Forschungsprojekte nachhaltig sind. Gerade bei den Seegras-Matten sieht er verschiedensten Anwendungsbereiche und nutzbringende Effekte. So wirkt das angepflanzte Seegras unter anderem einer Erosion des Bodens entgegen. „Das Prinzip könnte man sich auch im Küstenschutz zunutze machen, indem man mit dieser Methode Strandhafer als Dünenbepflanzung ausbringt.“
Download: PM Seegras-Teppiche erfolgreich in der Ostsee verankert