Wer entlang der Ostseestrände einen Spaziergang unternimmt, sieht noch vereinzelt Spuren der letzten Wochen: die Stürme im August und September peitschten über die See hinweg und zogen nicht nur an der Oberfläche, sondern ebenso unter Wasser eine Spur der Verwüstung hinter sich her. Auch bei Rosenort tanzten die Winde wild und wirbelten die angepflanzten Seegraswiesen durcheinander. Bislang hatten sich die Pflanzen gut entwickelt und den Ort angenommen…
Das Maritime Kompetenzzentrum für industrienahe Forschung in der Meerestechnik (MariKom) beobachtet die Wetterlage genau. “Vor solchen Ereignissen sind die Seegraswiesen nicht gefeit”, sagt Projektleiter Professor Mathias Paschen. „Die Aufwuchsträger haben auf die äußeren Bedingungen unterschiedlich reagiert. Jene aus Hanf konnten den meteorologischen Einflüssen insgesamt besser trotzen.“
Der Aufwuchsträger aus altem Seegras konnte den Verwirbelungen am Meeresgrund, die diverse Stürme verursachten, nicht standhalten. Die Stellen, an denen die jungen Pflanzen wachsen sollten, weisen kein Seegras mehr auf.
Dass die Wahl des Trägermaterials entscheidend ist, zeigt sich mit Blick auf das Seegras, das auf Hanf anwuchs. Dort hielten sich die Pflanzen – wenn auch nicht durchgängig – besser als auf dem alternativen Aufwuchsträgern.
Bereits im Strömungskanal hatte das MariKom-Team getestet, wie sich Starkwindereignisse auf den Halt am Meeresboden auswirken. Mit den Stürmen der vergangenen Wochen hat dieses Szenario den Praxistest erlebt. Das Seegras-Projekt nutzt ein Prinzip des Rollrasens unter Wasser mit Pflanzenträgern. Auf ihnen wachsen die Seegraspflanzen an, während sich die Träger nach und nach biologisch auflösen. Die nötige Expertise für den Umgang mit diesen Materialien steuert das Sächsische Textilforschungsinstitut bei.
Zwei Varianten dienen als Grundlage für die Aufforstung von Seegras: altes Seegras selbst dient als Träger der jungen Pflanzen sowie eine Gitterstruktur aus Hanf, die das MariKom-Team extra für das Forschungsprojekt entwickelt hat. Der Hanf schneidet nach den Erkenntnissen aus den letzten Stürmen besser ab und kann das Seegras am Grund stärker halten.
“Wir können daraus wertvolle Erkenntnisse für die Forschung mitnehmen. Neben der Wahl des Trägermaterials ist es noch wichtiger, möglichst windgeschützte Orte am Meeresboden für die Seegraswiesen auszuwählen”, ist Professor Mathias Paschen optimistisch. Das MariKom-Team war bereits fleißig und konnte weiteres Seegras auf Hanfträgern nachpflanzen.
In ihrer Funktion als guter CO2-Speicher können Seegraswiesen zum Klimaschutz beitragen. Deswegen unterstützt die Stiftung Klima- und Umweltschutz MV das Projekt noch bis Ende des Jahres 2022 mit insgesamt 185.000 Euro.